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Ohne SNB wäre die Schweiz pleite

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Passanten gehen an der Baustelle vor der Schweizerischen Nationalbank vorbei, am Mittwoch, 9. September 2015, auf dem Bundesplatz in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Eine Baustelle vor der Schweizerischen Nationalbank auf dem Bundesplatz in Bern. Foto: Peter Klaunzer, Keystone

Die akute Phase der Finanzkrise ist längst vorbei, aber die regelmässig erscheinenden Memoiren von Entscheidungsträgern regen immer wieder zum Nachdenken an. Zuerst hat US-Finanzminister Hank Paulson seine Sicht der Dinge dargelegt («On the Brink»), dann sein Nachfolger Tim Geithner («Stress Test»), und nun hat Ben Bernanke Stellung genommen («The Courage to Act»).

Was lässt sich aus all diesen Berichten ableiten? Für mich sind drei Dinge wichtig, auch im Hinblick auf die Schweiz.

1. Die US-Behörden haben das Finanzsystem zu wenig gut gekannt und die Gefahr lange Zeit unterschätzt. Paulson hatte keinerlei Erfahrung mit Bankenkrisen. Für ihn kam der Kollaps gänzlich unerwartet. Geithner hatte zwar bei der Asienkrise 1997–98 als Krisenmanager gewirkt, unterschätzte aber die Verwundbarkeit des eigenen Bankensektors. Dasselbe gilt für Bernanke. Er kannte sich sehr gut aus mit historischen Bankenkrisen, war aber mit der Struktur des heutigen Finanzsystems zu wenig vertraut.

Diese Beobachtung lässt sich zweifellos auf die schweizerische Situation übertragen. Nur wenige haben frühzeitig erkannt, wie gefährlich die Lage bereits im Frühling 2007 geworden war.

2. Als die Krise ausbrach, haben die US-Behörden schnell verstanden, was sie übersehen haben. Bernanke zum Beispiel ging zunächst davon aus, dass das Bankensystem erst dann bedroht ist, wenn die Sparer auf die Bank eilen, um ihr Geld zurückzufordern. Als er aber sah, dass es in erster Linie die institutionellen Anleger waren, die ihre Gelder von den Banken abzogen, erkannte er die Gefahr sofort und reagierte mit grosser Entschlossenheit.

Der US-Ökonom Gary Gorton hat den Mechanismus, den viele zunächst übersehen haben, anhand einer Grafik verdeutlicht. Die internationalen Grossbanken refinanzieren sich zu einem beträchtlichen Teil im sogenannten Parallelbankensystem (Schattenbankensystem). Dafür hinterlegen sie Sicherheiten, die unter anderem auch verbriefte Hypothekenpapieren (RMBS, CMBS) umfassen. Wenn diese hinterlegten Sicherheiten nur ein paar Prozentpunkte an Wert verlieren, kommt bald das ganze Refinanzierungssystem ins Wanken. Die Anleger sind verunsichert und verlangen bessere Sicherheiten, die aber bald knapp werden. Wenn die Kurse weiter ins Rutschen kommen, kann das Refinanzierungssystem schnell einen Stillstand erleiden. Das ist im Spätsommer 2007 erstmals passiert.

Anders ausgedrückt: Die Finanzkrise brach nicht wegen der Verluste auf der Aktivseite aus, sondern weil einzelne Banken auf der Passivseite wegen dem Kurszerfall der Hypothekenpapiere nicht mehr in der Lage waren, das Refinanzierungssystem aufrecht zu erhalten.

Das galt auch für die Schweiz beziehungsweise die UBS. Die Verluste auf dem US-Hypothekenmarkt waren schmerzlich, aber verkraftbar. Erst im Zuge des Lehman-Schocks begannen die institutionellen Anleger im grossen Stil, ihr Geld von der UBS abzuziehen. Verstärkt wurde der Run dadurch, dass ein Land nach dem anderen alle Passivgelder garantierte. Die Schweizer Regierung zögerte, dieselbe Garantie auszusprechen. Das haben die Anleger sofort gemerkt und entsprechend panisch reagiert.

3. Das Fed hat mit zahlreichen Liquiditätsspritzen das globale Finanzsystem vor dem Kollaps bewahrt. Die Öffentlichkeit hat das Ausmass dieser Notoperationen kaum mitbekommen. (Einen Einblick in das Instrumentarium vermittelt das Protokoll der Sitzung vom 16. September 2008 – einen Tag nach dem Lehman-Kollaps.) Man kann geteilter Meinung über die verschiedenen QE-Programme sein, aber über die Bedeutung der Liquiditätsspritzen besteht kein Zweifel. Auch die Zwangsrekapitalisierung der grossen US-Banken (TARP), die Paulson durchzog, war äusserst wirksam.

Diese dritte Lehre ist für mich im Hinblick auf die Schweiz am wichtigsten. Was wäre die Schweiz ohne eigene Notenbank? Ein hoch verschuldetes Land. Dank der SNB konnte die UBS-Krise im Keim erstickt werden. Ohne Notenbank hätte sich die UBS-Krise bald auf die CS übertragen, weil die EZB nicht bereit gewesen wäre, die UBS zu retten. Der Brand hätte weiter um sich gegriffen. Am Schluss hätte die ganze Bankenkrise wie in Irland und Spanien vom Steuerzahler geschultert werden müssen. Die Staatsverschuldung ist in diesen beiden Ländern innert Jahren von weniger als 50 Prozent auf etwa 100 Prozent gestiegen. Dasselbe wäre in der Schweiz passiert. Sie wäre mit einem grossen Schuldenberg aus der Finanzkrise hervorgegangen.

Die Bedeutung der SNB als Feuerwehr muss man immer wieder in Erinnerung rufen, wenn es darum geht, die Kosten der starken Währung richtig einzuschätzen. Ein Land, das einen grossen Finanzsektor hat, kann es sich nicht leisten, auf eine eigene Notenbank zu verzichten.

Der Beitrag Ohne SNB wäre die Schweiz pleite erschien zuerst auf Never Mind the Markets.


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